Getreideabkommen

Russland hat bekannt gegeben, dass es das mehrfach verlängerte Getreideabkommen zum Export ukrainischen Getreides zum Ablaufdatum 17.7.23 nicht verlängern wird.

Die Vereinbarung vom 22. Juli 2022, die bereits zweimal verlängert wurde, sollte trotz des russisch-ukrainischen Kriegs die sichere Passage von mit Getreide beladenen Schiffen aus drei Schwarzmeer-Häfen der Ukraine durch den Bosporus gewährleisten. Die Schiffe fahren entlang eines 310 Seemeilen langen und drei Seemeilen breiten Korridors. Im zurückliegenden Jahr wurden so fast 33 Millionen Tonnen Getreide aus ukrainischen Häfen ausgeführt.

Vermittelt und initiiert wurde dieses Abkommen von Erdogan in Zusammenarbeit mit dem UN-Generalsekretär. In meinen Augen ist es bedauerlich, dass es keine Initiative europäischer Sozialisten und Sozialdemokraten war, darüber wird in einer anderen Ausgabe von 270 Grad etwas stehen.

Recht schnell nach Beginn des Krieges wurde thematisiert, dass Russland den Hunger in der Welt verschärft, da so beispielsweise eine Reportage von BR24 in der Ukraine 20 Millionen Tonnen Getreide liegen die eigentlich nach Afrika oder Asien verbracht werden sollen, aber aufgrund der Blockade dort liegen bleiben. Die – meines Erachtens sehr limitiert geeignete Außenministerin – Baerbock

Sie warf Russland vor, den Hunger in der Welt „ganz bewusst als Kriegswaffe“ einzusetzen. Russland „nimmt die ganze Welt als Geisel“, sagte sie an diesem Freitag vor Beginn einer internationalen Ernährungskonferenz (2022) in Berlin und weiter 345 Millionen Menschen weltweit seien derzeit von Nahrungsmittelknappheit bedroht, die Hungerkrise baue sich „wie eine lebensbedrohliche Welle vor uns auf“. Aber erst Russlands Krieg habe „aus dieser Welle einen Tsunami gemacht“.

Nun gab es aber das Getreideabkommen und die Schiffe konnten fahren. Im Gegenzug wurden „offiziell“ die Exportsanktionen für Lebensmittel und Düngeexporte außer Kraft gesetzt.

Und jetzt? Jetzt setzt der russische Diabolus das Abkommen zum Ablauf grundlos aus und setzt wieder Hunger als Waffe ein, so ist es in allen wesentlichen Leitmedien zu lesen und auch Frau Baerbock kommentiert wieder: „Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hat vom russischen Präsidenten Wladimir Putin verlangt, das Getreideabkommen mit der Ukraine sofort wieder in Kraft zu setzen. Sie forderte Putin „auf, dass er es unterlässt, erneut Hunger als Waffe in diesem brutalen Angriffskrieg einzusetzen.“

Klingt einleuchtend und eigentlich alle (deutschen) Medien schreiben es auch so, oder so ähnlich und betonen, wie wichtig die Exporte für die Bekämpfung der Hungersarmut sind.

 

Ich habe mir mal die Mühe gemacht, die Fakten zu checken, und aufgrund zweier Ergebnisse bin ich nicht nur geschockt, sondern kriege ob der Darstellungen Wut.

Zwei Fakten:

 

  1. Ein Mini-Mini-Mini-Bruchteil der Exporte geht in die vom Hunger bedrohten Länder

entnommen: https://www.un.org/en/black-sea-grain-initiative/data

Ich wollte mich aber mit dieser Mini-Grafik der UN nicht zufrieden stellen und habe mir eine Tabelle der Un heruntergeladen, die alle Schiffsexorte in einem Excel-Sheet aufgelistet hat, vom 1.8.2022 bis zum 16.7.2023. Zu finden ist die Tabelle bei der UN unter: https://www.un.org/en/black-sea-grain-initiative/vessel-movements , dort unter dem Punkt: Live data: Details on all Black Sea Grain Initiative shipments.

Ich habe die Tabelle geladen, in Excel exportiert und Auswertungen gefahren:

Exakt 2,53% = 21 der insgesamt 1141 Schiffe gingen in unterentwickelte Länder (UN: low-income), bei der Tonnage ist es ähnlich, hier sind es 2,37% für die Länder, die es am nötigsten haben, für die reichsten Länder, wie Deutschland, etc. waren es dagegen über 41,3%, für die eher besser ausgestatteten mittleren Länder immerhin noch 38,6 % die mittleren eher schwächeren Länder 17,8%. Zählen wir großzügig diese eher schwächeren mit den ärmeren Ländern zusammen, so kommen wir auf gerade mal ein Fünftel der Getreideexporte.

2.Russland fordert, dass die Zusage, dass Russland im Gegenzug die Lebensmittel- und Düngemittelexporte nunmehr vornehmen können muss. Aber das dürfen sie doch, sagen Frau Baerbock und Herr Borell. Blöd nur, dass sie dies nur kostenlos abgeben dürfen, weil die von Russland geforderte Ausnahme für die Zahlungen über SWIFT nicht umgesetzt wurde. Mal ehrlich, das war kein Deal und die entsprechende Forderung wäre bei wirklichem Interesse der EU an einer Bekämpfung des Hungers auch innerhalb von Tagen umsetzbar.

Es ist perfide, wie hier Fakten verschwiegen werden, noch viel schlimmer aber, dass es den deutschen Leitmedien keine Zeile wert ist.

 

Wachtberg, 19.07.2023